Im Reiche der Frau Holle

I’ve transcribed another sage from the manuscript I’ve mentioned. This time the reading of Sütterlin went better. The sage contains a lot of material from Grimm, but is anyway an own interpretation of the author. It was filed under Meißnerland und Werratal.
1. Im Reiche der Frau Holle
Der Frauhollenteich ist der Eingangstor zu dem unterirdischen Reiche der frau Holle. Oft steigt sie aus ihrem Palaste empor und alte Leute erzählen, wie man die Frau Holle zuweilen badend im Frauhollenteiche gesehen habe. Bald zeigt sie sich als eine schöne weiße Frau auf der Mitte des Teiches, bald ist sie unsichtbar, und man hört bloß aus der Tiefe herauf Glockengeläute und geheimnisvolles Rauschen. Was sie in ihrem Reiche bringt, Backwerk und prächtige Gewänder, Blumen und kostbares Obst, das in ihrem sonnigen Garten wächst, das gibt sie gerne denen, die ihr begegnen und ihr zu gefallen streben. Frauen, die in ihrem Brünnnen steigen, macht sie gesund und lebensfroh. Aus ihrem Brünnen kommen die neugeborenen Kinder, und Frau Holle trägt sie selbst daraus hervor.
Aber sie zieht auch Kinder, die ihrem Brunnen zu nahe kommen gerne zu sich herein; die guten macht sie zu Glückskindern, die bösen zu ungestalteten Wechselbälgen. Wann sie die unartigen Kinder mit der Rute, den braven und gehorsamen aber bringt sie spielzeug und schenkt ihnen Äpfel und Nüsse. Sie hält sehr auf Ordnung und häuslichen Fleiß. Mägde, die schon früh morgens in reingescheuerten Eimern Wasser zur Küche tragen, fanden oft Geldstücke darin. Faule Spinnerinnen bestraft sie, indem sie ihren den Rocken besudelt, das Garn verwirrt oder den Flachs anzündet; fleißigen hingegen schenkt sie Spindeln und spinnt selbst für sie über Nacht, daß die Spulen des Morgens voll sind. Faulenzerinnen zieht sie im Schlaf die Bettdecken ab und legt sie nackend aufs Steinpflaster. Oft verwirrt und zerzaust sie den Frauen auch die Haare und man nennt daher Mädhen oder Frauen mit verworrenen Haaren “Hollerkopf” und die die Leute sagen dann: das Haar ist “hollerig” oder auch “verhollert”. Wann es am Meißner nebelt, und besonders, wenn einzelnen Wolken daran hinziehen, so hat Frau Holle ihr Feuer im Berge; wenn es aber schneit, dann schüttelt Frau Holle ihr Bett, daß die Federn in der Luft umherfliegen.